Montag, 21. März 2011

GAU in Politik und Massenmedien

Der Störfall im Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi, der durch das Erdbeben vom 11. März 2011 ausgelöst wurde, wird erst in einigen Monaten endgültig bewertet werden können, aber bereits jetzt ist klar, dass die deutschen Massenmedien über den Vorfall sehr einseitig berichtet haben und so eine Massenhysterie in Deutschland auslösten, von der auch die allermeisten Politiker nicht verschont blieben.

Ein GAU war und ist im Kernkraftwerk Fukushima nicht möglich, da in allen Reaktoren während des Erdbebens die Notabschaltung funktionierte und sie über Sicherheitshüllen verfügen. Damit unterscheidet sich die Lage in Fukushima grundlegend von der in Tschernobyl, wo 1986 der größte Unfall in der Geschichte der friedlichen Nutzung der Kernenergie stattfand, der auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse (International Nuclear Event Scale = INES) als bisher einziges Ereignis mit dem Höchstwert 7 (katastrophaler Unfall) eingestuft wurde. Der Reaktor in Tschernobyl lief unter Volllast, als er wegen eines Bedienungsfehlers explodierte und dabei 400 mal mehr Radioaktivität freisetzte, als die Atombombe von Hiroshima. Diese Kontaminierung der Umwelt war nur möglich, weil das sowjetische Kraftwerk ohne Sicherheitshüllen gebaut worden war.

Fünf Millionen Menschen leben in den davon unmittelbar betroffenen Gebieten der Ukraine und Weißrusslands. Im Jahre 2006 haben acht Agenturen der UNO, darunter die International Atomic Energy Agency und die World Health Organization, eine Untersuchung darüber durchgeführt, welche Gesundheitsschäden in den 20 Jahren nach der Katastrophe feststellbar waren. In ihrem Bericht CHERNOBYL: THE TRUE SCALE OF THE ACCIDENT stellen sie fest: "As of mid-2005, however, fewer than 50 deaths had been directly attributed to radiation from the disaster, almost all being highly exposed rescue workers, many who died within months of the accident but others who died as late as 2004."

Man fand in der Bevölkerung des betroffenen Gebietes keinen Rückgang der Fertilität und auch keine Missbildungen unter Neugeborenen. Allerdings erkrankten circa 4.000 Kinder an Schilddrüsenkrebs, von denen 9 während der beiden Jahrzehnte starben. Da die Heilungsrate bei dieser Krebsart 99% beträgt, ist zu hoffen, dass in Zunkunft die Zahl der diesbezüglichen Opfer nicht stark ansteigen wird. Ein verstärktes Auftreten von anderen Krebsarten konnte nicht festgestellt werden. Das betrifft auch die Leukämie, von der behauptet wird, dass sie in der Umgebung deutscher Kernkraftwerke verstärkt auftritt. Der UNO-Bericht zieht die Schlußfolgerung: "By and large, we have not found profound negative health impacts to the rest of the population in surrounding areas, nor have we found widespread contamination that would continue to pose a substantial threat to human health."

Umstritten ist die Frage, wieviele zukünftige Erkrankungen und Todesfälle infolge des Kraftwerksunfalls zu erwarten sind. Die Autoren des UNO-Berichts gehen von der Annahme aus, dass es keine Schwelle gibt, unter der radioaktive Strahlung ungefährlich ist. Das würde bedeuten, dass bereits die kleinste messbare Radioaktivität ein Risiko darstellt und dass jede im Laufe des Lebens empfangene Bestrahlung kumulativ zu sehen ist. Die Ergebnisse der empirischen Forschung widersprechen aber dieser Auffassung, wie die Studie Dose-effect relationships and estimation of the carcinogenic effects of low doses of ionizing radiation der französischen Académie des Sciences und der Académie nationale de Médecine nachweist. Deren Autoren stellen fest: "Recent radiobiological data undermine the validity of estimations based on LNT [linear no-threshold relationship] in the range of doses lower than a few dozen mSv which leads to the questioning of the hypotheses on which LNT is implicitly based: 1) constancy of the probability of mutation (per unit dose) whatever the dose or dose rate, 2) independence of the carcinogenic process which after the initiation of a cell evolves similarly whatever the number of lesions present in neighboring cells and the tissue." (mSv = Millisievert (1 mSv = 0,001 Sv = 10-3 Sv), siehe Sievert Einheitenzeichen)

Da die vom Staat festgelegten Grenzwerte für Strahlenbelastung auf der oben widerlegten LNT-Annahme beruhen, sind sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu niedrig angesetzt und man sollte bei der Betrachtung von Gesundheitsgefährdungen das berücksichtigen. Die Autoren der französischen Akademie der Wissenschaften fordern eine Revision der zulässigen Höchstwerte: "Decision makers confronted with problems of radioactive waste or risk of contamination, should re-examine the methodology used for the evaluation of risks associated with very low doses and with doses delivered at a very low dose rate. This report confirms the inappropriateness of the collective dose concept to evaluate population irradiation risks."

Es ist zur Zeit noch nicht entschieden, ob der Störfall in Fukushima-Daiichi auf der INES-Skala in 4 oder 5 einzustufen ist. Wenn er der Stufe 5 zugeordnet werden sollte, entspricht er dem Unfall im US-Kernkraftwerk Three Mile Island, wo es 1979 durch einen Bedienungsfehler zu einer teilweisen Kernschmelze kam, die aber innerhalb der Schutzhüllen blieb, die dort im Gegensatz zu Tschernobyl vorhanden waren. Die Environmental Protection Agency der USA hat die Folgen dieses Unfalls untersucht und in ihrem Bericht EPA's Role At Three Mile Island festgestellt: "An interagency analysis concluded that the accident did not raise radioactivity far enough above background levels to cause even one additional cancer death among the people in the area. They found no contamination in water, soil, sediment or plant samples."

Das ist in Fukushima nicht anders. Das bedeutet, das auch unter widrigsten Bedingungen, in diesem Fall das stärkste Erdbeben in Japan seit Beginn der dortigen Bebenaufzeichnungen und der dadurch ausgelöste bis zu 23 Meter hohe Tsunami, die menschliche Gesundheit durch die Kernkraftwerke nicht gefährdet wurde. Der Störfall hat zwar zu großen wirtschaftlichen Schäden für den Kraftwerksbetreiber geführt, aber auch die außerordentliche Sicherheit dieser Technik demonstriert, in die viele redundante Sicherheitsmechanismen integriert sind. Schlimmer als diesmal in Japan konnte es kaum kommen, und trotzdem ist kein Mensch zu Schaden gekommen. Man vergleiche damit die vielen Tausenden von Toten, die z. B. die erneuerbare Energie Wasserkraft bereits gefordert hat, siehe die folgende Liste der Talsperrenkatastrophen.

Trotzdem fordert niemand ein Ende des Baus von Staudämmen. Warum wird die vergleichsweise sichere Kernkrafttechnik im Gegensatz dazu so gefürchtet? Die Verantwortung dafür liegt bei den Massenmedien, die ihre Informationspflicht bei diesem Thema grob verletzen und statt dessen Hysterie und Panik schüren, um die grüne Agenda zu fördern. In dem oben zitierten Bericht der UNO wird darauf hingewiesen, dass in Tschernobyl nicht die freigesetzte Strahlung, sondern der durch systematische Fehlinformation hervorgerufene "mental health impact" das "largest public health problem created by the accident" war. Die durch den Kampagnenjournalismus hervorgerufene Angst führte nach 1986 bei vielen Menschen zu schweren Neurosen, Abtreibungen aus Angst vor missgebildeten Neugeborenen und nicht zuletzt zu irrationalem Verhalten in der Politik. Unser Problem ist, dass es wohl viele Vorkehrungen gegen einen GAU in Kernkraftwerken gibt, aber keine gegen ein völliges Versagen von Politik und Medien.

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