Dienstag, 24. Mai 2011

Die Blockpartei FDP

Die heutige FDP ist das Ergebnis der Vereinigung der West-FDP mit zwei Parteien aus der "DDR", der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NDPD), auf einem Sonderparteitag am 11. und 12.8.1990 in Hannover. Wer sind diese Parteien, die von der BRD-FDP als so liberal angesehen wurden, dass man sich mit ihnen en bloc zusammenschließen konnte?

Die LDPD und die NDPD verdanken ihre Entstehung dem "Befehl Nr. 2" vom 10. Juni 1945 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), der die Gründung von vier "antifaschistischen" Parteien in der sowjetischen Besatzungszone anordnete. Die SMAD wollte zur Wahrung des demokratischen Anscheins zunächst kein Einparteiensystem wie in der Sowjetunion einrichten. "Auch bürgerlich geprägte und national ausgerichtete Teile der ostdeutschen Gesellschaft sollten in ein antifaschistisches Bündnis einbezogen werden, das dann zur Nationalen Front ausgeformt wurde. So förderte man nachdrücklich auch die Gründung von Parteien, die christliche, liberale und nationale Milieus zu erschließen versprachen und fasste das Parteienspektrum zum Demokratischen Block zusammen." (Quelle: Wikipedia: DDR, Parteien und Massenorganisationen)

Die einem derartigen Blocksystem angehörenden Parteien bezeichnet man als Blockparteien. Sie hatten die Aufgabe, in ihrem spezifischen Milieu die kommunistische Regierungspolitik zu propagieren und durchzusetzen. Sie waren willige Vollstrecker des Politbüros. Das folgende Bild zeigt Manfred Gerlach, den damaligen Generalsekretär und späteren Vorsitzenden der LDPD bei einem Besuch der Grenztruppen der "DDR" (Quelle: Bundesarchiv):



Originaltitel des Fotos: "ADN[Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst] - ZB[Zentralbild] - Krisch[Krisch, Werner (Fotograf)] - 29.8.1961 - Berlin: Mitglieder des Parteivorstandes der LDPD besuchen eine Einheit der Bereitschaftspolizei, die zur Durchsetzung der Grenzsicherungsmaßnahmen vom 13.8.1961 eingesetzt ist. Auf unserem Foto zeichnet Manfred Gerlach, Generalsekretär der LDPD, Oberleutnant Werner Klotz mit der Artur-Becker-Medaille aus. Veröffentlichtung nur mit Genehmigung der Pressestelle des MDI."

Dieser Manfred Gerlach, der einen Erbauer der Mauer auszeichnete, war ab 1954 Generalsekretär und von 1967 bis 1990 Vorsitzender der LDPD, von 1960 bis 1989 stellvertretender Staatsratsvorsitzender und von 1989 bis 1990 letzter Staatsratsvorsitzender der "DDR". Er erhielt 1964 den Vaterländischen Verdienstorden und den Stern der Völkerfreundschaft, 1988 den Karl-Marx-Orden. Er und seine Partei haben diese Auszeichnungen verdient, denn sie waren verlässliche Stützen des kommunistischen Regimes. Die LDPD war vom Anfang bis zum Ende der "DDR" in sämtlichen Regierungen vertreten, so z. B. in der ersten Regierung unter Ministerpräsident Otto Grotewohl (SED) mit Hermann Kastner als stellvertretenden Ministerpräsidenten, Karl Hamann als Minister für Handel und Versorgung und Hans Loch als Finanzminister.

Das sind die "Liberalen", mit denen sich die West-FDP vereinigte. "Wer Mitglied in einer Blockpartei wurde, zeigte damit eine gewisse Bereitschaft, sich dem Regime anzupassen, ohne aber Mitglied der SED zu werden. Da den Blockparteien eine bestimmte Anzahl von Positionen in Staat und Gesellschaft zugesprochen war, konnte eine Blockpartei-Mitgliedschaft positiv für die eigene Karriere sein. Der Weg über die Blockpartei war dann im Einzelfall vielleicht sogar schneller als über die SED, da die Blockparteien weniger Mitglieder hatten." (Quelle: Wikipedia, Blockpartei).

Im Volksmund werden die Blockparteien und deren Mitglieder treffenderweise "Blockflöten" genannt, für die FDP hingegen sind LDPD und NDPD liberale Bruderparteien, mit den man sich als Organisationen vereinigen kann. Von Mai bis Juni 1990 tagte ein Vereinigungsausschuss unter Vorsitz des FDP-Politikers Wolfgang Mischnick, um den Weg für den Zusammenschluss der FDP mit den Blockparteien zu ebnen, der dann auf dem Parteitag in Hannover vollzogen wurde. Kurz davor hatte die LDPD ihren langjährigen Vorsitzenden Manfred Gerlach noch in Pension geschickt und einige sozialistische Elemente aus ihrem Parteiprogramm entfernt. Das reichte für eine liebevolle Aufnahme in der FDP. Zu einer besseren Kosmetik des Vereinigungsparteitages trug auch bei, dass man gnädigerweise die nach der Wende in der "DDR" gegründete Deutsche Forumpartei (DFP) ebenfalls in die FDP aufnahm.

Die FDP hatte vor der Vereinigung ca. 65.000 Mitglieder. Die Blockparteien brachten mehr als 130.000 Mitglieder mit in die vereinigte FDP, die damit im Verhältnis 2:1 eine Blockflöte sowjetischer Bauart wurde. Der letzte Vorsitzende der in LDP umbenannten LDPD wurde zum stellvertretenden Parteivorsitzenden der FDP gewählt. Folgerichtig verzichtete die neue Einheitspartei nicht auf das Altvermögen von LDPD und NDPD, sondern erklärte sich zum Gesamtrechtsnachfolger der Blockparteien. Nach einigem Streit mit der Unabhängigen Kommission zur Feststellung und Treuhandverwaltung des Vermögens aller Parteien und Massenorganisationen konnte die FDP immerhin noch
im Wege eines Vergleichs aus dem Vermögen der ehemaligen LDPD Grundstücke sowie Geldmittel in Höhe von etwa fünf Millionen DM ergattern. An diese glorreiche Parteigeschichte erinnert die folgende Gedenktafel in Berlin-Wilmersdorf (Bildquelle):



Diese Gedenktafel ist bemerkenswert, weil sie in kondensierter Form die Sicht der heutigen FDP auf ihre Geschichte darstellt. Man sieht in der Gründung der LDP am 16.06.1945 die "Wiederbegründung des organisierten deutschen Liberalismus", obwohl diese LDP(D) in der "DDR" zum "Parteienblock der 'Nationalen Front'" gehörte. Handlanger, Büttel und Scherge einer kommunistischen Diktatur zu sein ist offenbar vereinbar mit dem Liberalismus. Das ist wirklich eine kreative Neudefinition des Begriffes "Liberalismus".

Mit dieser Einstellung war die West-FDP prädestiniert für eine Vereinigung mit den beiden Blockparteien. Hierbei fanden sich wesensgleiche Partner, es wuchs zusammen, was zusammengehört. Der Volksmund hat recht, wenn er sagt: "Gleich und gleich gesellt sich gern". Die FDP verhält sich wie eine Blockpartei, seit sie 1966 Bundeskanzler Ludwig Erhard stürzte. Analog zu ihrer Schwesterpartei LDPD hat sie eine Transmissionsfunktion bei der Verbreitung und Durchsetzung des ökosozialistichen Konsenses der politischen Klasse. Alle politischen Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte hat die FDP zur Gänze mitgetragen, so z. B. die Einführung des Euro (und die Verweigerung einer Volksabstimmung darüber), die wirtschaftlich selbtmörderische Energie- und Klimapolitik, oder die Verschuldung des Staates bis in den Bankrott.

Es wird Zeit, dass die FDP ein Logo erhält, das ihrer Rolle gerecht wird. Wir greifen deshalb einen Vorschlag des AutorInnenkollektivs "Dr. Hilde Benjamin" auf, siehe Zur neuausrichtung der fdp, der die Embleme der beiden "Freien" Organisationen "Freie Demokratische Partei (FDP)" und Freie Deutsche Jugend (FDJ) miteinander verbindet:

Donnerstag, 19. Mai 2011

Tödliche Gefahr aus Biogasanlagen

Die grüne Energiepolitik hat zur Errichtung einer stetig wachsenden Zahl von hoch subventionierten Biogasanlagen geführt. Bereits heute wird in Deutschland auf 530.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche nur noch Mais für die Biogasgewinnung angebaut. Die Bundesregierung hat angekündigt, in Zukunft noch mehr Boden der Nahrungsmittelproduktion zugunsten der Biogase entziehen zu wollen. Man plant die Ausweitung der Maisflächen auf vorerst 1,8 und später drei Millionen Hektar. Diese Politik verknappt nicht nur das Angebot an Nahrungsmitteln und erhöht dadurch deren Preise, sondern ersetzt auch die billigen fossilen Energieträger durch eine teure erneuerbare Energie. Darüber freuen sich zwar die Lobbyorganisationen der Bauern, die in ihrem rent seeking sehr erfolgreich sind, aber auf das Klima haben derartige Maßnahmen überhaupt keinen Einfluss.

Dieser massive Umbau der Landwirtschaft nach grünem Staatsdiktat hat aber auch unerwünschte Nebenwirkungen, die von den Ökogutmenschen verschwiegen werden, siehe dazu die Pressemitteilung Tod aus der Biogasanlage - Chronischer
Botulismus bei heimischen Wildarten
der Jagdzeitschrift Wild und Hund, die in ihrer neuesten Ausgabe auf folgenden Zusammenhang hinweist:

  • "Beim Schnitt von Biomassepflanzen, vor allem Grünroggen im Frühjahr, werden Jungwild und Gelege mitgehäckselt und gelangen ins Gärsubstrat. Außerdem werden Schlachtabfälle und anderes Fleisch, etwa Althennen, und Gülle als Rohstoff eingesetzt.

  • Bei 40 Grad Gärtemperatur feiert das Verwesungsbakterium [Clostridium botulinum] fröhliche Urstände. Dies wiederum bildet enorm widerstandsfähige Botulinumsporen, die selbst einen Hygienisierungsprozess (Erhitzung auf 70 Grad Celsius) überstehen.

  • Mit dem Gärschlamm als Dünger landen die Sporen wieder in der Natur.

  • Dort werden sie mit der Äsung aufgenommen, gelangen in den Magen-Darm-Trakt von Nutz- und Wildtieren, verwandeln sich wieder in Bakterien, die dann das Gift produzieren."


Damit erweisen sich Biogasanlagen als sehr wirkungsvolle Vermehrer und Verteiler des Bakteriums Clostridium botulinum, des Produzenten des Giftes Botulinumtoxin, das die Ursache der lebensbedrohlichen Krankheit Botulismus ist. "Botulinumtoxin (BoNT od. BTX) ist das stärkste bekannte Bakterientoxin und hemmt die Erregungsübertragung von den Nervenzellen zum Muskel, indem es die präsynaptische Ausschüttung des Transmitters Acetylcholin verhindert. Es kommt zu einer chemischen Denervierung, die Kontraktion der Muskeln wird in Abhängigkeit von der Toxindosis schwächer oder fällt ganz aus; folglich kommt es zu einer Lähmung. ... Todesursache ist Atemlähmung. Bei Inhalation sind 3 ng/kg tödlich, bei einer Injektion bereits 1 ng/kg ... 1 kg gleichmäßig verteilt und intravenös verabreicht würde somit theoretisch ausreichen, um die gesamte Menschheit (ca. 6,6 Mrd.) zu töten." (Quelle: Clostridium botulinum)

Die Biogasanlagen sind Verbreiter des viszeralen Botulismus (von lat. viscera = Eingeweide, Adjektiv: visceralis = "die Eingeweide betreffend"). Über deren Gärreste gelangen Bakterien aus der Familie der Clostridiaceae in den Verdauungstrakt von Nutz- und Wildtieren. Die aufgenommene Menge reicht meistens nicht für ein schnelles Verenden, sondern führt zum chronischen Verlauf der Krankheit. In Deutschland wurde in den letzten Jahren bei mehreren Tausend Rindern chronischer viszeraler Botulismus diagnostiziert.

Es gibt hierbei einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Ausbau der Biogasanlagen und dem gehäuften Auftreten dieser lebensbedrohlichen Krankheit. In Wikipedia, Viszeraler Botulismus heißt es dazu: "Ab dem Jahre 2005/2006 wurden häufiger chronische Botulismusverläufe bei Rindern berichtet. Diese werden auch als chronischer viszeraler Botulismus bezeichnet. In diesem Zusammenhang wird auch eine Ansteckungsgefahr für den Menschen befürchtet." Dieses Infektionsrisiko ist sehr ernst zu nehmen, denn die Besiedlung des menschlichen Magen-Darmtraktes mit Clostridium botulinum ist einfacher als bei Säugetieren wie Rindern, die einen viel robusteren und leistungsfähigeren Verdauungstrakt haben als Menschen. "...Botulinum-Toxin vom Typ C [tritt] beim Verfüttern von Silagen auf, in denen Kadaver verendeter Tiere verarbeitet wurden. So starben in Kalifornien innerhalb einer Woche 420 Rinder, weil sich in der TMR (Totalmischration) ein Katzenkadaver befand! Nach Aussagen des Bundesinstituts für Risikobewertung 2004 können Vergiftungen auch von Weideflächen ausgehen, die mit Geflügeleinstreu, einem aus Sägemehl, Geflügelkot und vereinzelten Kadavern von z. B. Eintagsküken bestehenden Gemenge, gedüngt wurden." (Quelle) Es ist davon auszugehen, dass der in großen Mengen als Dünger ausgebrachte Gärschlamm der Biogasanlagen noch gefährlicher ist.

Die Grünen aller Parteien schweigen zu all dem. Wie wäre ihre Reaktion, wenn das Botulinumtoxin aus der industriellen Landwirtschaft stammen würde?

Samstag, 14. Mai 2011

Antikapitalistische Kapitalisten

Nach der marxistischen Theorie haben die Unternehmer einen eindeutigen Klassenstandpunkt: sie wollen ihren Gewinn maximieren und sie verteidigen die Gesellschaftsordnung, der sie ihren Aufstieg verdanken. Die Marxisten irren sich hierin. Es wäre schön, wenn sie in diesem Fall recht hätten, aber die Praxis zeigt, dass das gesellschaftliche Sein auch bei den Unternehmern nicht das Bewusstsein bestimmt, sondern es ist eher umgekehrt.

Die Wirtschaftsgeschichte ist voll von Beispielen, in denen einzelne Unternehmer und sogar die Mehrzahl der Unternehmer gegen ihre eigenen Interessen handeln, indem sie die Ideologie ihrer Gegner übernehmen. Ein aktueller Beleg dafür ist das Verhalten der Vorstände der großen deutschen EVUs nach der Zwangsabschaltung von acht ihrer Kernkraftwerke. Obwohl der Ausfall eines KKWs seinem Betreiber pro Tag eine Million Euro kostet und das sogenannte Atom-Moratorium illegal ist (kein Beschluss durch das Parlament, Widerruf von erteilten Genehmigungen ohne triftigen Grund, Verstoss gegen Eigentumsrechte), hat nur der Vorstand von RWE die Nutzung der Kernenergie verteidigt, siehe: RWE Power klagt gegen Anordnungen zur einstweiligen Einstellung des Betriebs des Kraftwerks Biblis. Die Vorstände der drei anderen EVUs mit Kernkraftengagement haben sich dagegen der Regierungswillkür kampflos unterworfen, obwohl das Aktiengesetz von allen Vorstandsmitgliedern fordert, dass sie vorbehaltlos die Interessen ihres Unternehmens zu vertreten haben.

Der Verrat von Unternehmensinteressen ist ein internationales Phänomen, wie z. B. die U.S. Climate Action Partnership (USCAP) zeigt, eine Lobbyorganisation von Konzernen und Ökokampfverbänden, "that have come together to call on the federal government to quickly enact strong national legislation to require significant reductions of greenhouse gas emissions." Die USCAP gehört zu den eifrigsten Befürwortern eines Emissionshandelssystems in den USA und hat für dieses Ziel schon viele Millionen Dollar ausgegeben. Wenn man sich die Mitgliederliste dieser unheiligen Allianz ansieht, erkennt man viele Unternehmen, bei denen ein kurzsichtiges rent seeking im Vordergrund stehen dürfte. Aber es gibt auch Fälle, bei denen die Mitgliedschaft geradezu suizidal ist. Welches Interesse kann z. B. das energieintensive Industrieunternehmen Alcoa, "the world’s leading producer and manager of primary aluminum, fabricated aluminum and alumina facilities", an der Verteuerung von Energie haben?

In der Ökonomie wird darüber diskutiert, ob ein derartiges Fehlverhalten von Konzernspitzen darauf zurückzuführen ist, dass die Topmanager auch nur Angestellte und nicht Eigentümer des Unternehmens sind, dessen Interessen sie verraten. Bei dem Principal-Agent Problem geht es darum, wie ein Auftraggeber (Eigentümer) seine Angestellten dazu bringen kann, im Falle eines Interessenkonflikts seine Interessen und nicht die ihren zu vertreten. Die folgende Grafik veranschaulicht die Problemstellung (Quelle):



Es gibt keine einfache und bewährte Lösung des Problems. Demzufolge ist es nicht überraschend, dass in der Praxis die unterschiedlichsten Verhaltensweisen anzutreffen sind. Besonders ausgeprägt ist dies in den Betriebsabteilungen, die direkten Kontakt mit Behörden und Politikern haben. Da der alles regulierende Staat für die Unternehmen immer wichtiger wird, ist es von entscheidender Bedeutung, die unzähligen Gesetze, Verordnung und Bestimmungen möglichst umfassend zu kennen und ihre Gestaltung zu beeinflussen. Das ist eine schwierige Aufgabe, zu deren Lösung man viel Erfahrung benötigt. Fred Smith bemerkt dazu in seinem Artikel The Political Principal/Agent Problem: "Not surprisingly, firms often recruit personnel to handle this task from the same government agencies or congressional committees that create and oversee these laws. Those individuals are often unfamiliar with the activities or culture of the firm. Government affairs units within most firms actually benefit from greater government intervention in the economy. They have grown steadily as government regulations have increased. Thus, ... they have no direct interest in the repeal of such policies."

Das Problem wird verschärft, wenn die Angestellten der Abteilungen mit politischem Bezug weiterhin Kontakt mit ihren ehemaligen Kollegen im Regierungsapparat haben. Man trifft sich auch regelmäßig mit NGO-Aktivisten und Politikern, die ebenfalls keine Sympathie für das Unternehmen und sein wirtschaftliches Umfeld haben. Auf diese Weise behalten die Leiter der politisch relevanten Abteilungen ihre kulturellen Vorurteile und sie identifizieren sich mehr mit ihren alten Bezugsgruppen als mit ihrem neuen kapitalistischen Arbeitgeber. Fred Smith stellt dazu fest: "The incentives motivating those managing such political affairs sub-units can be counterproductive to the overall profitability of the firm. The challenge of management is to find ways to adjust those natural biases to improve overall performance." Gerade in dieser Hinsicht versagt das Top-Management häufig, da es vor einer offenen politischen Positionierung zurückschreckt. Statt klare Richtlinien vorzugeben, delegieren die Unternehmensführer immer mehr politische Kompetenzen an die government affairs subunit managers, mit den bekannten Folgen.

Die drei großen österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises, Friedrich von Hayek und Joseph Schumpeter haben sich ebenfalls intensiv mit dem Problem irrationalen Verhaltens von Unternehmern beschäftigt. (Bildquelle)



Wir beschränken uns hier auf einige treffende Beobachtungen von Joseph Schumpeter (Quelle: Capitalism, Socialism, and Democracy, third edition 1950):


  • "A genius in the business office may be, and often is, utterly unable outside of it to say boo to a goose - both in the drawing room and on the platform. Knowing this he wants to be left alone and to leave politics alone." (Quelle: op. cit., Seite 138)

  • "... the very characteristic manner in which ... the bourgeoisie as a whole behave when facing direct attack. They talk and plead - or hire people to do it for them; they snatch at every chance of compromise; they are ever ready to give in; they never put up a fight under the flag of their own ideals and interests." (Quelle: op. cit., Seite 161)

  • "But without protection by some non-bourgeois group, the bourgeoisie is politically helpless and unable not only to lead its nation but even to take care of its particular class interest. Which amounts to saying that it needs a master." (Quelle: op. cit., Seite 138)

  • "... the mass of people never develops definite opinions on its own initiative. Still less is it able to articulate them and to turn them into consistent attitudes and actions. All it can do is to follow or refuse to follow such group leadership as may offer itself." (Quelle: op. cit., Seite 145)


Schumpeter zog aus der politischen Unfähigkeit der Unternehmerschaft den Schluss, dass der Kapitalismus akut bedroht sei. Da das Bürgertum zur politischen Führung nicht in der Lage ist, übernehmen andere Gruppen, die den erforderlichen Willen zur Macht besitzen, diese Aufgabe.

Die Techniken zur Beeinflussung und Lenkung des modernen Massenmenschen sind im vergangenen Jahrhundert perfektioniert worden. Einer der Pioniere dieser wissenschaftlich begründeten Technik der Meinungsformung war Edward Bernays. In seinem 1928 publizierten Buch Propaganda erklärt er die Methoden, mit denen es möglich ist, "die Massen, ohne deren Wissen, nach unserem Willen zu kontrollieren und zu steuern". Die ersten Sätze dieses Buches lauten:

"Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der etablierten Gewohnheiten und Meinungen der Massen ist ein wichtiger Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Diejenigen, welche die verborgenen gesellschaftlichen Abläufe manipulieren, bilden eine unsichtbare Regierung, die der wahre Herrscher unseres Landes ist. Zum größten Teil werden wir geleitet, unser Verstand geformt, unsere Geschmäcker gestaltet, unsere Vorstellungen suggeriert, von Menschen, die uns unbekannt sind. ... Unsere unsichtbaren Herrscher kennen sich untereinander meist nicht mit Namen. Sie beherrschen uns wegen ihrer angeborenen Führungsqualitäten, ihrer Fähigkeit, die benötigten Ideen zu geben, und aufgrund der Schlüsselpositionen, die sie in der Gesellschaft einnehmen. Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Politik oder Wirtschaft, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von ... relativ wenigen Personen beherrscht werden, die die geistigen Prozesse und sozialen Verhaltensmuster der Massen verstehen. Sie steuern das öffentliche Bewusstsein, sie machen sich die alten sozialen Kräfte nutzbar und ersinnen neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen."

Freitag, 6. Mai 2011

Die Unersättlichen

David Ricardo bezeichnete die Staatsverschuldung als "eine der schrecklichsten Geißeln, die jemals zur Plage einer Nation erfunden wurden". Die Ricardianische Äquivalenz besagt, dass zwischen der Schuldenaufnahme des Staates und seiner Steuererhebung kein grundsätzlicher Unterschied besteht. Die politische Klasse sucht die Einnahmen des von ihr beherrschten Staates zu maximieren. Zuerst geschieht dies über die Eintreibung möglichst hoher Steuern. Doch hierbei sind den Machthabern Grenzen gesetzt, wie die folgende Grafik zeigt (Quelle: Arthur Laffer, The Laffer Curve: Past, Present, and Future):



Die obige Grafik verdeutlicht in idealtypischer Weise den Zusammenhang von Steuersatz und Steuereinnahmen. Wird ein geringer Steuersatz allmählich erhöht, steigen die Steuereinnahmen zuerst überproportional an, dann langsamer bis zu einem Maximalpunkt, danach sinken sie. Bei einem Steuersatz von 100% fallen keine Steuereinnahmen mehr an, weil jede Tätigkeit unterbleibt, die einer Besteuerung unterliegt, da niemand ein Interesse daran hat, vom Staat vollständig enteignet zu werden. In der Steuerpolitik sind deshalb langfristig nur Steuersätze knapp vor Erreichen des Aufkommensmaximums im Interesse der Herrscher.

Wo dieses Aufkommensmaximum liegt, bestimmt der Steuerwiderstand der Steuerpflichtigen, die einer Steuer ausweichen oder sie umgehen können. Die Steuerabwehr hat viele Ausdrucksformen:


  • Unternehmer können die Unternehmensform (Körperschafts- bzw. Einkommensteuer) oder den Unternehmensstandort (Unterschiede in der Gewerbesteuer) ändern, mögliche Mehrleistung unterlassen oder gezielt besonderen Aufwand treiben, z. B. bei der Werbung (Vermeidung von Spitzensätzen der Einkommensteuer).

  • Arbeitnehmer unterlassen Mehrarbeit, Ehepaare vermeiden Doppelverdienst (Vermeidung progressiver Einkommensbesteuerung), Haushalte schränken ihren Konsum ein oder verlagern ihn (Vermeidung exzessiver Verbrauchsbesteuerung z.B. von Kaffee, Tabakwaren, Benzin).

  • Steuerpflichtige entziehen sich durch Auswanderung oder Kapitalflucht vollständig dem hohen Steuerdruck ihres bisherigen Staates.


Keine politische Klasse gibt sich aber mit dem zufrieden, was sie über Steuern eintreiben kann. Sie wollen mehr und sie bekommen es durch die Aufnahme von Schulden. Sehen wir uns die Entwicklung des Bundeshaushalts im letzten Jahrzehnt an (Quelle: Bundesfinanzministerium, Eckwerte des Bundeshaushalts 2012 und des Finanzplans bis 2015):



Man sieht, dass die Finanzprobleme des Staates nicht auf unzureichende Einnahmen zurückzuführen sind. In den Jahren von 2005 bis 2008 hat der Bund enorme zusätzliche Steuereinnahmen erzielt. Im Jahre 2008 waren die Einnahmen um 58,6 Milliarden Euro höher als 2004, das ist eine Steigerung von 27,6% in 4 Jahren. Man hätte im Jahre 2008 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen können, wenn die Ausgaben auf der Höhe des Vorjahres belassen worden wären. Es wäre 2008 sogar ein Überschuss von nahezu 10 Milliarden Euro möglich gewesen, wenn man sich mit den Ausgaben des Jahres 2006 begnügt hätte.

Aber das wäre von der politischen Klasse zu viel verlangt. Im Wettlauf von Einnahmen und Ausgaben siegen immer die Ausgaben. Gleichgültig wie günstig sich die Einnahmen entwickeln, den Nimmersatten reicht das niemals. Auch im vielbeklagten Krisenjahr 2009 waren die Staatseinnahmen noch um 45,9 Milliarden Euro höher als 2004, das entspricht einer Steigerung von 21,6%. Wer mit dieser Geldflut nicht zufrieden zu stellen ist, der kennt grundsätzlich in seiner Gier keine Grenze.

Die Politiker und ihr Apparat brauchen also zusätzlich zu den Steuern noch weitere Einnahmen aus der Aufnahme von Krediten. Die folgende Grafik zeigt die Nettokreditaufnahme des Bundes im vergangenen Jahrzehnt (Quelle: Bundesfinanzministerium, op. cit.):



Die Staatsschulden stiegen von 1.453,8 Mrd. Euro im Jahre 2004 auf 1.998,8 Mrd. Euro im Jahre 2010. Das ist eine Steigerung von 37,5%. Der Haushaltsplan des Bundes sieht für 2011 Ausgaben in Höhe von 305,8 Mrd. Euro und Einnahmen in Höhe von 257,4 Mrd. Euro vor. Das ergibt für dieses Jahr, das nach Aussagen der Politiker ein Boomjahr ist, ein Defizit von 48,4 Mrd. Euro, das damit um 14,2 Mrd. Euro höher liegt als das Defizit des Krisenjahres 2009. Das machen Politiker, die sich in ihren Gesetzen zu einer antizyklischen Finanzpolitik verpflichtet haben. Wenn man die vielen Nebenhaushalte des Staates und seine impliziten Schulden (Zahlungsversprechen, wie z. B. Pensionszusagen an Beamte) in die Betrachtung einbezieht, ist das Bild noch düsterer.

Aber in den nächsten Jahren soll alles besser werden, behauptet die Regierung in ihrer mittelfristigen Finanzplanung von 2012 bis 2015. Wird jemand so naiv sein, dieser politischen Klasse zu vertrauen, die in der Vergangenheit häufig die selbst gesetzten Regeln gebrochen hat? Die Maastrichtkriterien sehen vor, dass der staatliche Schuldenstand nicht mehr als 60%, die jährliche Nettoneuverschuldung nicht mehr als 3% des Bruttoinlandsprodukts ausmachen darf. Allein die letztere Regel wurde von den Euro-Staaten bis heute 46 mal gebrochen, ohne dass dafür eine einzige Strafe verhängt wurde.

Von den 27 EU-Staaten erfüllten 20 im letzten Jahr nicht die Maastrichtkriterien. Addiert man alle Staatshaushalte der Europäischen Union (EU-27), ergibt sich im Jahre 2009 ein Defizit von 6,8% des BIP und ein staatlicher Schuldenstand von 74% des BIP, für die Staaten der Euro-Zone (Euro-16) lauten die entsprechenden Zahlen 6,3% und 79% (Quelle: Wikipedia, Staatsverschuldung in entwickelten Ländern. Diese Verschuldungskrise hätte bereits zum Staatsbankrott der Euro-Länder Griechenland, Irland und Portugal geführt, wenn die EU-Staaten nicht in letzter Minute den Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) eingeführt hätten, der Notkredite für überschuldete Mitgliedstaaten vorsieht. Der ESM hat aber den kleinen Schönheitsfehler, dass er nur durch den Bruch der strengen Nichtbeistands-Klausel des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV oder AEU-Vertrag) zustande kam.

Aber, so heißt es beruhigend, wir haben als letzte Verteidigungslinie noch die Schuldenbremse, die im Mai 2009 in das Grundgesetz aufgenommen wurde. Danach soll die strukturelle, also nicht konjunkturbedingte, Nettokreditaufnahme des Bundes nicht mehr als 0,35% des Bruttoinlandsproduktes betragen. Überschreitungen dieser Grenze sind bei Naturkatastrophen oder schweren Rezessionen gestattet, die ein sehr dehnbarer Begriff sind. Die deutsche Schuldenbremse nimmt gar nicht für sich in Anspruch, den Abbau der aufgenommenen Kredite anzustreben. Es soll lediglich die Höhe der Schuldenaufnahme begrenzt werden. Angesichts der zahlreichen Ausnahmeregelungen und der mangelnden Gesetzestreue der politischen Akteure ist es sehr zweifelhaft, ob dieses Minimalziel erreicht wird.

Auch wenn die Staatsschulden vollständig zurückgezahlt würden, wäre ihre Wirkung verheerend. Die Verbindlichkeiten des Staates sind unter dieser Voraussetzung in die Zukunft verschobene Steuererhöhungen, die von den nachfolgenden Generationen zu tragen sind. Das widerspricht der Generationengerechtigkeit. Eine ständig wachsende Staatsschuld zeigt, dass die heute Wahlberechtigten in der Fiskalpolitik ihr Wahlrecht so missbrauchen, dass die stimmrechtslosen Jüngeren gezwungen werden, den Konsum der Älteren über zukünftige Steuern zu finanzieren.

Die Schuldenaufnahme des Staates führt auch zu einem Verdrängungseffekt, da auf dem Kapitalmarkt die hohe Nachfrage des Staates nach Kapital die Kreditzinsen steigen lässt und sich damit die Finanzierungskosten der Unternehmen erhöhen. Für sie werden Kredite teurer, dadurch unterbleiben Investitionen, die Produktivität sinkt und das Wirtschaftswachstum geht zurück.

Die gegenwärtige Euro-Krise beweist, dass nicht mit einer vollständigen Rückzahlung der Staatsschulden zu rechnen ist. Die am höchsten verschuldeten Länder bekommen auf dem Kapitalmarkt neue Kredite nur noch zu unbezahlbar hohen Zinsen. In dieser Situation hat die noch junge Europäische Zentralbank bereits ihr angeblich ehernes Prinzip gebrochen, niemals Staatsanleihen von EU-Mitgliedstaaten zu kaufen. Der Artikel 123 des AEU-Vertrags verbietet die Finanzierung mitgliedstaatlicher Haushalte durch die EZB ebenso wie den direkten Erwerb staatlicher Schuldtitel. Dieses Verbot wurde umgangen, indem die EZB spanische, portugiesische und griechische Staatsanleihen nicht direkt von den jeweiligen Staaten kaufte, sondern mittelbar bei Banken, die für diese Schrottpapiere keine anderen Käufer finden konnten. Bisher hat die EZB Staatsanleihen in Höhe von 77 Mrd. Euro gekauft. Manchmal ist kein offener Rechtsbruch erforderlich, sondern es reicht die kreative Interpretation der bestehenden Gesetze.

Zusätzlich zur wundersamen Kreditvermehrung durch die geldschaffenden Zentralbanken haben die Staaten noch die Möglichkeit, einen Teil ihrer Schulden einfach nicht zurückzuzahlen. Diese Teilenteignung der Gläubiger, im Politjargon Haircut genannt, ist der Kern des in Entstehung befindlichen Insolvenzrechts für EU-Staaten. Der erste Haircut dieser Art soll demnächst den Gläubigern des griechischen Staates zuteil werden. Bei einem derartigen Haarschnitt verlieren die Eigentümer von Staatsanleihen in der Regel mindestens ein Drittel ihrer Forderungen.

Die politische Klasse hat in der von ihr durch jahrzehntelange Misswirtschaft verursachten Schuldenkrise drei Optionen:


  1. Sanierung des Haushalts, Rückzahlung aller Schulden, Vereinbarung und Einhaltung eines Verschuldungsverbots des Staates. Das wäre nur mit einer echten Austeritätspolitik zu erreichen, in der alle staatlichen Ausgaben drastisch gesenkt werden. Wie die Geschichte zeigt, ist eine derartige Sparpolitik in einer Demokratie mittel- und langfristig nicht durchsetzbar, ganz zu schweigen davon, dass die herrschenden Kreise nicht den geringsten Willen dazu haben.

  2. Umschuldungsverhandlungen des Staates mit seinen Gläubigern mit dem Ziel eines Haircuts, der vor allem die Banken treffen würde, denn sie sind bei weitem die größten Geldgeber der Regierungen. Ein größerer Forderungsausfall wäre von den Banken nicht zu verkraften. Die massenweise Enteignung der Eigentümer von Staatsanleihen verbietet sich also, wenn man den Zusammenbruch des internationalen Bankensystems vermeiden will.

  3. Der Staat kauft durch die Zentralbank seine eigenen Schuldtitel mit neu geschaffenem Geld. Das führt zwar zu Inflation und im Wiederholungsfall zu Hyperinflation, aber das ist ein schleichender Prozess, an den sich die Bürger nur anpassen können, gegen den es jedoch keine Widerstandsmöglichkeit gibt.


Wofür wird sich die politische Klasse entscheiden? Ihr Verhalten in der Vergangenheit, in der seit den 1950er Jahren kein Haushalt ohne Defizit war, lässt erwarten, dass sie auch in Zukunft nicht verantwortungsvoll mit dem Geld des Steuerzahlers umgehen wird. Alles spricht für die Wahl der 3. Option. "Inflation: Diese moderne Wirtschaftskrankheit ist zugleich eine der schwersten, und sie ist doppelt gefährlich, weil sie erst in einem fortgeschrittenen Stadium allgemein erkannt zu werden scheint." (Wilhelm Röpke, Die Lehre von der Wirtschaft, 4, 144)