Dieser Artikel ist eine Fortsetzung dessen, was wir am 25. Juni 2008 über Milchbauern und Rechtsstaat geschrieben haben. Diesmal betrifft es die Apotheken. Der Bundesgerichtshof hat gestern in einem Urteil entschieden, dass ein Rabatt von einem Euro pro verschreibungspflichtigem Medikament zulässig sei, aber ein Preisnachlass von 5 Euro je Rezeptposten bereits gegen die gesetzlich vorgeschriebene Preisbindung für Arzneimittel verstösst.
Geklagt hatten in diesem Fall die Zentrale gegen den unlauteren Wettbewerb und einige Apotheker gegen eine Apotheke, in der ein derartiges 5-Euro-Bonussystem praktiziert wurde. Ein Vertreter der Wettbewerbszentrale begrüßte in einer ersten Stellungnahme dieses BGH-Urteil mit den Worten: "Mit dieser Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass die Apothekenpreisbindung nicht durch werthaltige Bonussysteme unterlaufen werden kann. Ein sich gegenseitig überbietender Preiswettbewerb über die Höhe der Rabatt- und Bonusvergünstigungen für verschreibungspflichtige Medikamente wird in Apotheken damit auch künftig an der geringen Wertgrenze scheitern. Rabattschlachten in Apotheken wird es daher wohl nicht geben."
Wie beruhigend, dass es auf dem Markt für verschreibungspflichtige Medikamente keinen Preiswettbewerb geben darf. Die Apothekerlobby hat bei der Beratung und Verabschiedung des Arzneimittelgesetzes, das die Preisbindung vorschreibt, wirklich ganze Arbeit geleistet. Bei der Durchsetzung dieser wettbewerbsfeindlichen Gesetzgebung können sich die Standesvertreter auf die Wettbewerbszentrale verlassen, die sich selbst so beschreibt: "Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Als branchenübergreifende und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft unterstützt sie den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb, bietet umfassende Informationsdienstleistungen rund um das Wettbewerbsrecht, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und setzt als Hüter des Wettbewerbs die Spielregeln im Markt – notfalls per Gericht - durch. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 600 Kammern und Verbänden der Wirtschaft."
Die Wettbewerbszentrale demonstriert sehr deutlich, in welch großem Ausmaß viele deutsche Unternehmer mit den Politikern kollaborieren, um sich ungerechte Vorteile zu verschaffen. Es ist blanker Zynismus, wenn sich die Wettbewerbszentrale als "Hüter des Wettbewerbs" bezeichnet. Das Gegenteil ist der Fall. Die Preisbindung erhöht künstlich die Preise und schadet den Verbrauchern zugunsten von politisch privilegierten Unternehmergruppen. Diese Art von politischer Vorteilsnahme ist bei vielen Unternehmern sehr populär, siehe z. B. die Buchpreisbindung. Es ist etwas faul in der deutschen Unternehmerschaft.
All das geschieht in einem Staat, in dem es ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gibt, das von einem Bundeskartellamt überwacht wird, welches schon oft Strafen gegen Firmen verhängt hat, die angeblich oder tatsächlich durch Preisabsprachen ihren Kunden geschadet haben. Daran sieht man, wie willkürlich in der Politik gehandelt wird. Die einen werden für etwas bestraft, das anderen laut Gesetz erlaubt ist. Diese Ungleichbehandlung verletzt den obersten Grundsatz eines Rechtsstaates, nach dem alle Bürger vor dem Gesetz gleich sein sollen. Jede Politik, die gegen diesen Gleichheitsgrundsatz verstößt, ist ungerecht.
Falscher Umgang mit Antisemitismus
vor 2 Stunden
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