Freitag, 22. Juni 2012

Die Farce der EU-Sparpolitik

Die EU-Schuldenkrise zwang die regierenden Politiker, sich zu einer Sparpolitik zu bekennen, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Sofort nach Bekanntgabe dieser Austeritätspolitik, die von sich behauptet, einen ausgeglichenen Staatshaushalt ohne Neuverschuldung anzustreben, wurde heftige Kritik daran geübt. Man beklagt Kürzungen der Staatsausgaben, die "tief", "brutal", "wild" und "grausam" wären. Die Linke spricht vom "Kaputtsparen", das verantwortlich für die aktuellen Rezessionen in den EU-Krisenstaaten sei.

Tatsächlich hat bis heute keine nennenswerte Kürzung der Staatsausgaben in den hoch verschuldeten EU-Staaten stattgefunden. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Staatsausgaben in fünf exemplarischen Staaten (GISFUK) von 2002 bis 2011 zu ihrem nominalen Wert (Quelle: Veronique de Rugy vom Mercatus Center der George Mason University in Fiscal Austerity in Europe Doesn't Mean Large Spending Cuts):



In der Grafik bezeichnet die graue vertikale Linie den Beginn der Wirtschaftskrise im Jahre 2008. Jede ernsthafte Einsparung müsste erreichen, dass die Staatsausgaben zumindest unter das Niveau fallen, das sie zu Beginn der Krise hatten. Nur einmal ist dieses Minimalziel erreicht worden, siehe auch: Show Me the ‘Savage’ Spending Cuts in Europe, Please.

  • In Frankreich gibt es überhaupt keine Einsparungen, sondern die Staatsausgaben wuchsen ungehemmt von 1.030 Milliarden Euro in 2008 auf 1.119 Milliarden Euro im Jahre 2011. Das hinderte aber die Linke nicht daran, in den französischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen der vergangenen Monate gegen eine angebliche Sparpolitik Stimmung zu machen und mit dieser hemmungslosen Demagogie die Wahlen zu gewinnen.
  • Auch im Vereinigten Königreich haben die Staatsausgaben seit Beginn der Krise zugenommen, von 686 Milliarden Pfund Sterling in 2008 auf 739 Milliarden £ im Jahre 2011. Die britische Regierung hat trotz ihrer starken Worte nur eine leichte Abschwächung des Ausgabenanstiegs zustande gebracht.
  • In Italien wurden die Staatsausgaben in den Jahren 2009 und 2010 reduziert, aber im Jahre 2011 wieder erhöht, wobei die Erhöhung höher ausfiel, als die Summe der beiden Senkungen zuvor. Im letzten Jahr gab Italien 22 Milliarden Euro mehr aus als im Jahre 2008.
  • Nur Spanien und Griechenland senkten ab 2009 die Staatsausgaben, wenn auch nur sehr unzureichend. Spanien gab 2011 immer noch 18 Milliarden Euro mehr aus als im Jahre 2008. Hinzu kommt, dass in beiden Ländern sinnvolle Strukturreformen fast vollständig unterblieben.

Das Bild wird auch nicht besser, wenn man die um die Inflation bereinigten Ausgaben betrachtet. Die nächste Grafik zeigt die Staatsausgaben der fünf Länder bewertet mit einem GDP Deflator mit Basisjahr 2000 (Quelle: wie erste Grafik). Aus der Grafik ist ersichtlich, dass sogar der griechische Staat heute mit seinen gesunkenen Ausgaben mehr Güter und Dienstleistungen des gleichen Leistungsgrads kaufen kann als im Jahre 2008.



Soviel zu den "grausamen Ausgabenkürzungen", die für die in den Krisenstaaten zu beobachtende Rezession verantwortlich sein sollen. Der wahre Grund für den Wirtschaftsrückgang ist der Versuch der politischen Klasse, einen ausgeglichenen Staatshaushalt nicht durch Ausgabensenkungen, sondern durch Einnahmeerhöhungen zu erreichen. "In fact, between 2010 and 2011, according to Eurostat, government spending across the EU dropped by €2.6 billion. But during that same time frame, taxes rose €235.5 billion. That is not a misprint: Europe raised taxes by almost €90 for every €1 in actual spending cuts." (Quelle: Tax hikes as a bridge to nowhere).

Diese Steuererhöhungen sind der Grund für den Wirtschaftsabschwung. Alle seriösen Ökonomen stimmen darin überein, dass eine erfolgreiche Haushaltssanierung nicht über Steuererhöhungen, sondern nur über Ausgabensenkungen erfolgen kann. Matt Mitchell schreibt dazu: "Lots and lots of papers [21 peer-reviewed papers] have now studied this question and the evidence is rather clear: the types of austerity that are most-likely to a) cut the debt and b) not kill the economy are those that are heavily weighted toward spending reductions and not tax increases. I am aware of not one study that found the opposite. In fact, we know more. The most successful reforms are those that go after the most politically sensitive items: government employment and entitlement programs." (Quelle: Does UK Double-Dip Prove that Austerity Doesn’t Work?).

Sogar der Internationale Währungsfonds (International Monetary Fund, IMF) fordert von den Krisenstaaten Ausgabenkürzungen statt Steuererhöhungen, siehe: Greece must now cut spending, says IMF. Welche verheerenden Folgen die Erhöhung des Steuerdrucks hat, zeigt an vielen praktischen Beispielen aus Frankreich der folgende Artikel: The terror - The 75% tax and other alarming campaign promises.

Die gegenwärtige Wirtschaftskrise hat ihren Ursprung darin, dass der Sozialstaat nicht länger finanzierbar ist. Der Ausweg aus der Misere ist nur über eine drastische Senkung der Staatsausgaben möglich. Da aber weder die Herrschenden, noch das Volk, diesen Weg gehen wollen, wird die Krise anhalten und sich verschärfen.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Schade dass die Graphen erst 2000 anfangen und nicht in den 90ern. Dann könnte man sehen ob durch die Währungsunion die PIIGS durch billige Kredite zu höheren Staatsausgaben korrumpiert wurden.