Mittwoch, 16. November 2011

Inside Occupy Wall Street

Der "Occupy Wall Street" Bewegung ist es nicht gelungen, die Mauerstraße zu besetzen, aber sie hatte von September bis gestern den Zuccotti Park im Zentrum Manhattans für sich beschlagnahmt. Da OWS das Vorbild für viele gleichartige Bewegungen weltweit ist, sollte man sich die Mitglieder dieser Bewegung näher anzusehen.

Dank der New Yorker Polizeiakten wissen wir mehr über ihre soziale Herkunft. Vom 18. September bis zum 15. Oktober 2011 wurden in New York City 984 Protestler festgenommen, wegen politisch motivierter Vergehen von "loitering while wearing a mask", über "failure to move along" bis zu sehr schweren Straftaten wie "violent behavior" und "assault 2 [second-degree assault] caus[ing] physical injury to police [or] firemen". Die meisten Verhaftungen erfolgten am 1. Oktober während der Blockade der Brooklyn Bridge.

Die New Yorker Polizei erstellt bei jeder Verhaftung eine Akte, die Name, Alter, Geschlecht, Tatvorwurf, Wohnadresse, und in den meisten Fällen die Rasse des Verhafteten enthält. Die Zeitschrift The Daily Caller hat diese Daten über eine Quelle in der Stadtverwaltung erhalten und ausgewertet, siehe NYC arrest records: Many Occupy Wall Street protesters live in luxury. Der DC kam dabei zu folgenden Ergebnissen: "Among addresses for which information is available, single-family homes listed on those police intake forms have a median value of $305,000 — a far higher number than the $185,400 median value of owner-occupied housing units in the United States ... Even in the nation’s currently depressed housing market, at least 95 of the protesters’ residences are worth approximately $500,000 or more ... The median monthly rent for those living in apartments whose information is readily available is $1,850 ... Of the 984 protesters arrested, at least 797 are white. The median age of 'Occupy' protesters taken into custody is 27 years." Fotos von Häusern, in denen die Kämpfer für die Armen wohnen, finden sich hier: Opulent homes of 'the 99 percent' [SLIDESHOW].

Der typische OWS-Teilnehmer ist also ein Sprössling der oberen Mittelschicht. Dieser statistische Befund wird bestätigt durch den Augenschein eines Streifzugs durch den besetzten Zuccotti Park, siehe die folgende Reportage, die reich bebildert ist: A very privileged protest: Wearing $300 jeans and from some of the most exclusive schools, the children of the one per cent out for a good time at Occupy Wall Street.

Praktizierte nun der bürgerliche Kern von OWS das, was er predigt? Wie hielt man es mit der Gleichheit in der Modell-Siedlung im Zuccotti Park? Eine Antwort findet sich in dem folgenden Artikel, den ein mit OWS sympathisierender Journalist geschrieben hat: At Occupy Wall Street central, a rift is growing between east and west sides of the plaza. Im Zuccotti Park, der sich von Liberty Street bis Cedar Street von Norden nach Süden und zwischen Broadway und Trinity Plaza von Ost nach West erstreckt, hatte sich eine strikte soziale Segregation herausgebildet. "The 'model' civilization that’s sprung up at Zuccotti is itself increasingly divided between the stakeholders in the nascent movement who feel invested in the emerging economic, social and cultural causes of 'the 99%,' and hangers-on, including a fast-growing contingent of lawbreakers and lowlifes ... The dedicated participants’ stronghold is on the park’s east side, facing Broadway. The stragglers tend to cluster on the park’s west side, facing Cedar. The rift between them is growing. And two of OWS’s core values, generosity and inclusion, are being put to a crucial test."

Die soziale Schichtung war gerade bei denen, die sie in der Gesellschaft als Übel und Ungerechtigkeit verurteilen, besonders ausgeprägt. "Walking from east to west through the plaza, the stratification is stark, especially at night, when the gawkers and press have mostly cleared out."

Die OWS-Kämpfer mussten in ihrem sozialen Labor im Zuccotti Park auch jene Erfahrung machen, die in jeder Allmende und in jedem Sozialstaat unvermeidlich ist: Schmarotzer- und Trittbrettfahrertum. "The number of non-participants taking advantage of the resources that the activists have provided — free food, clothing, tarps and sleeping bags, hand-rolled smokes and even books, ... has exploded over the past week, and is threatening to define the occupation itself and overshadow its political and social ambitions."

Zur Lösung dieses Problems ergriffen die OWS-Kader Maßnahmen, die zwar wirkungsvoll sind, aber nicht im sozialistischen Lehrbuch stehen. Ein Beispiel dafür findet sich in dem folgenden Artikel der New York Post: Occupy Wall Street kitchen staff protesting fixing food for freeloaders. Dort heißt es: "The Occupy Wall Street volunteer kitchen staff launched a 'counter' revolution yesterday - because they’re angry about working 18-hour days to provide food for 'professional homeless' people and ex-cons masquerading as protesters. For three days beginning tomorrow, the cooks will serve only brown rice and other spartan grub instead of the usual menu of organic chicken and vegetables, spaghetti bolognese, and roasted beet and sheep’s-milk-cheese salad. They will also provide directions to local soup kitchens for the vagrants, criminals and other freeloaders who have been descending on Zuccotti Park in increasing numbers every day."

Abgesehen von der Heuchelei, die darin liegt, dass die erleuchteten, egalitären Beschützer der Armen ihr organic chicken und sheep’s-milk-cheese salad nicht mit den Ärmsten teilen wollen und diese statt dessen auf die Suppenküchen verweisen, ist der Streik der Leistungsträger gegen die Schmarotzer verständlich. Das ist das Thema des libertären Klassikers Atlas Shrugged von Ayn Rand. Es ist erstaunlich, wie schnell in der Praxis, wenn keine staatliche Absicherung besteht, die sozialistische Ideologie zusammenbricht und den ökonomischen Gesetzen Raum geben muss, in diesem Fall bis zu einem OWS Shrugged.

Im OWS-Biotop hatte sich überdies eine politische Hierarchie durchgesetzt und die im politischen Prozess Schwächeren durften erfahren, wie willkürlich die Besteuerungsgewalt der Machthaber ist. Ein Beispiel dafür gibt der folgende Artikel: The Organizers vs. the Organized in Zuccotti Park. Ein wesentlicher Bestandteil des OWS-Lagers im Zuccotti Park war der Trommlerkreis, der zu Beginn der Besetzung bis zu 10 Stunden täglich trommelte und so für viel Aufsehen und Stimmung sorgte, wenn auch auf Kosten der Nachbarn des Platzes. Die Trommler konnten auf diese Weise viele Spenden sammeln, von denen sie aber nur die Hälfte behalten durften, weil die Generalversammlung von OWS, in der die Aktivisten bürgerlicher Herkunft das Wort führen, eine Trommelsteuer von 50% eingeführt hatte, zu zahlen von den eher proletarischen Trommlern.

"To Shane Engelerdt, a 19-year-old from Jersey City and self-described former 'head drummer,' this amounted to a Jacobinic betrayal. 'They are becoming the government we’re trying to protest,' he said. 'They didn’t even give the drummers a say ... ' The drummers claim that the finance working group even levied a percussion tax of sorts, taking up to half of the $150-300 a day that the drum circle was receiving in tips. 'Now they have over $500,000 from all sorts of places,' said Engelerdt. 'We’re like, what’s going on here? They’re like the banks we’re protesting.'"

Als ein Angehöriger des OWS-Fußvolks gegen die Anordnung einer OWS-Führungsperson protestierte, bekam er von ihr die kühle Antwort: "'Someone has to be told what to do,' she said. 'Someone needs to give orders. '" Insofern war das OWS-Lager ein Schnellkurs zur Einführung in die soziale Realität. In die OWS-Ideologie geht davon aber nichts ein.

Das politische Programm von OWS ist zu wirr, um es sinnvoll diskutieren zu können. Die Banken sind in der gegenwärtigen Krise nicht die Täter, sondern die Opfer. Verantwortlich für die Misere ist die politische Klasse, die über viele Jahre Staatsschulden aufgehäuft hat und nun zu Recht in den Verdacht gerät, diese Schulden weder zurückzahlen zu können noch zu wollen. Aber niemand bei OWS denkt daran, die Schuldigen beim Namen zu nennen oder den Staaten die Aufnahme von Krediten zu verbieten.

Die OWS-Aktivisten kann man nur mit Hilfe der Psychologie verstehen. Eric Hoffer sagt dazu in The True Believer: "Diejenigen, die am lautesten nach Freiheit rufen, sind oft auch jene, von denen es am wenigsten wahrscheinlich ist, dass sie in einer freien Gesellschaft glücklich wären. Die Enttäuschten, bedrückt durch ihre Unzulänglichkeiten, schieben die Schuld für ihr Versagen auf vorgefundene Schranken. Tatsächlich ist es ihr innerster Wunsch, dem 'frei sein für alle' ein Ende zu setzen. Sie möchten den freien Wettbewerb und das unbarmherzige auf die Probe stellen beseitigen, dem der Einzelne in einer freien Gesellschaft fortwährend unterworfen ist."

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