Freitag, 9. Dezember 2011

Sie nennen es Haushaltskonsolidierung

Die deutschen Politiker sind entrüstet, weil eine Ratingagentur die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Deutschlands angekündigt hat. Sie verweisen auf ihr heroisches Sanierungsprogramm, dass eine Verminderung der Neuverschuldung des Bundes von 48,4 Milliarden Euro in diesem Jahr auf "nur" 26,1 Milliarden Euro im nächsten Jahr vorsieht. Was dabei in der Regel nicht erwähnt wird, ist die erwartete Steigerung der Steuereinnahmen des Bundes von 229,2 Milliarden Euro in 2011 auf 249,2 Milliarden Euro in 2012. Die Senkung der Neuverschuldung soll also fast ausschließlich durch eine Erhöhung der Einnahmen, nicht aber durch eine Reduzierung der Ausgaben, finanziert werden.

Für die politische Klasse ist die staatliche Schuldenkrise nicht die Folge zu hoher Ausgaben, sondern zu niedriger Einnahmen. Auf die Forderung nach Ausgabensenkungen reagieren die Politiker immer in der gleichen Weise. Sie verweisen dann auf irgendwelche staatlichen Einrichtungen, die den Bürgern besonders am Herzen liegen. Die übliche politische Standardphrase zur Abwehr von Ausgabenkritikern lautet: "Eine Ausgabenkürzung würde uns zwingen, Schulen und Krankenhäuser zu schließen. Wollen Sie, dass unsere Kinder nicht mehr unterrichtet oder medizinisch versorgt werden?"

Es lohnt sich deshalb, die staatlichen Ausgaben etwas genauer zu betrachten. Die folgenden Beispiele von Missbrauch von Steuergeldern stehen stellvertretend für eine Myriade von ähnlichen Fällen.

  • Die Thrash Metal Band "Drone" ist offensichtlich kulturell so wertvoll, dass ihre Auftritte in China vom Kanzleramt mit einem vierstelligen Betrag subventioniert wurden (Bund der Steuerzahler, Schwarzbuch 2011, Seite 58). Die genaue Höhe der Zuwendung war trotz mehrfacher Anfragen vom Kanzleramt nicht zu erfahren. Aber auch die armen Millionäre der Punkrock-Band "Tote Hosen" bekamen Staatsgelder, nämlich 69.000 Euro für die Darbietung ihrer Kunst in Asien. Deshalb war es auch nur gerecht, die Angehörigen der auf dem Unterhaltungsmarkt sehr erfolgreichen Band "Tokio Hotel" mit 26.000 Euro Staatszuschuss für eine Show in Tokio vor einer eventuellen Notlage zu schützen. Insgesamt gab der Bund im Jahr 2010 für die "Musikförderung" 44,2 Millionen Euro aus.

  • Aber auch die großen Filmstudios aus Hollywood nehmen gerne die Zuwendungen des deutschen Staates mit. Die Produzenten des Films Inglourious Basterds erhielten aus dem Deutschen Filmförderfonds 6,8 Millionen Euro, vom Medienboard Berlin-Brandenburg 600.000 Euro und von der Mitteldeutschen Medienförderung 300.000 Euro. Die Produktionskosten des Films betrugen ca. 70 Millionen Dollar, während seine Bruttoerlöse sich auf 313,6 Millionen Dollar belaufen, die zum größten Teil an die US-Firmen Universal Pictures, Weinstein Company und A Band Apart gingen, (siehe The Internet Movie Database), die alle außerhalb Deutschlands ihre Einnahmen versteuern. Die hier getätigten staatlichen Ausgaben haben nichts mit Filmförderung zu tun, die es übrigens im führenden Filmland USA nicht gibt, sondern sind eine Subventionierung der nicht wettbewerbsfähigen deutschen Studios, die auf diese Weise unproduktiver sein können, als es sonst der Markt erlauben würde.

  • Die Bayreuther Festspiele werden jährlich vom Bund mit über 2 Millionen Euro subventioniert. Darüber hinaus bekommt dieses Treffen der Reichen und Schönen noch Zuschüsse von Bundesland und Kommune. Wozu eigentlich? Sollen damit die bereits sehr hohen Honorare der Sänger und Orchestermitglieder noch mehr erhöht oder die Preise der Eintrittskarten gesenkt werden? Sind die aus den obersten Schichten des Bürgertums stammenden Festspielbesucher in der gegenwärtigen Krise so verarmt, dass sie sich kostendeckende Eintrittskarten nicht leisten können?

  • Die Politiker sind aber nicht nur nett zu anderen, sondern auch zu sich selbst. So hat z. B. der Haushaltsausschuss des Bundestages die Privilegien von ehemaligen Bundestagspräsidenten ausgeweitet. Bisher konnten diese Würdenträger nach Beendigung ihrer Amtszeit noch vier Jahre lang ein vollständiges Bundestagsbüro inklusive persönlicher Assistenten und Fahrdienst nutzen. Nun wurde entschieden, dass sich dieser Anspruch um die jeweilige Amtszeit verlängert. Das bedeutet für den gegenwärtigen Bundestagspräsidenten, dass er mindestens bis 2025 den Büroservice auf Steuerzahlerkosten für sich in Anspruch nehmen kann. Das müsse so sein, um "nachwirkende Aufgaben aus dem früheren Amt" erledigen zu können. Welche Aufgaben wirken so lange nach?


Unter Korruption versteht man Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme. Es ist das Wesen der Politik, Vorteile an nahestehende Interessengruppen zu gewähren, die diese Vorteile gerne annehmen, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich schon lange darum bemüht haben. Der Unterschied zur strafbaren Korruption besteht nur darin, dass die politische Vorteilsgewährung und -annahme von den Vorteilsgewährern durch eine Abstimmung legalisiert wird.

"Eine Versammlung mit der Macht, über Vorteile für bestimmte Gruppen abzustimmen, muß sich dahin entwickeln, daß das Schachern oder Schieben unter der Mehrheit ... über die Verdienste der verschiedenen Ansprüche entscheidet. Der fiktive 'Wille der Mehrheit', der aus diesem Schacher hervorgeht, ist nicht mehr als ein Abkommen, seine Anhänger auf Kosten der übrigen zu unterstützen." Friedrich von Hayek

"Demokratie, soweit dieser Ausdruck nicht einfach als Synonym für Egalitarismus verwendet wird, wird zunehmend der Name für den Prozeß des Stimmenkaufs, für das Schmieren und Belohnen jener Sonderinteressen, die in naiveren Zeiten als die 'unlauteren Absichten' bezeichnet wurden." Friedrich von Hayek

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