Der Zorn der Gerechten hat die Einheitspresse erfasst. Sie empört sich über das Verhalten einer inzwischen eingestellten englischen Boulevardzeitung aus dem Konzern von Rupert Murdoch, der das illegale Abhören von Telefonaten und die Bestechung von Polizisten vorgeworfen wird. Noch ermittelt die Polizei in dieser Angelegenheit und niemand ist bisher verurteilt worden, aber das hindert die linken Journalisten nicht daran, den Konzerneigentümer Rupert Murdoch persönlich für alle möglichen Missetaten in einer seiner vielen Zeitungen verantwortlich zu machen.
Die politische Stoßrichtung dieser Angriffe hat der "Chefkommentator" einer Hamburger Illustrierten in den Abendnachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens deutlich gemacht. Dieser Qualitätsjournalist forderte: "Das muß Konsequenzen haben, das muß möglicherweise, ich hoffe das auf jeden Fall, zur Zerschlagung dieses Murdochs-Konzern führen." Das Motiv für seine Forderung gab der Empörte mit dankenswerter Offenheit an: "Den Mann [Rupert Murdoch] konservativ zu nennen, ist ja eine Beleidigung für Konservative. Der ist rechtsreaktionär, und hat das über viele Jahre in den USA auch bewiesen." Das heißt: wer die Meinungshegemonie der Linken gefährdet, muss zerschlagen werden.
Die vom Medienestablishment zur Schau gestellte Entrüstung ist reine Heuchelei, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Enthüllungsplattform WikiLeaks zusammen mit ihren prominenten Medienpartnern, zu denen u. a. die New York Times, der britische Guardian und ein Hamburger Meinungsmagazin gehören, vertrauliche Dokumente der US-Regierung, die sie von einem Datendieb erhalten hatten. Dieser Geheimnisverrat ist ungleich schlimmer als alles, was dem Murdoch-Blatt vorgeworfen wird. Die Journalisten, die die geheimen Berichte von US-Diplomaten veröffentlichten, wussten sehr gut, dass z. B. die darin genannten Informanten und Helfer der US-Streitkräfte in Afghanistan um ihr Leben fürchten müssen, wenn ihre Namen den Taliban bekannt werden. Die US-Regierung stellte fest, diese Veröffentlichung "[placed] at risk the lives of countless innocent individuals — from journalists to human rights activists to soldiers."
Bret Stephens stellt in seinem Artikel News of the World vs. WikiLeaks - Only one placed at risk 'the lives of countless innocent individuals.' folgende Fragen: "Was it in the higher public interest to know, as we learned from WikiLeaks, that Zimbabwe's prime minister and opposition leader Morgan Tsvangirai was privately urging U.S. diplomats to hold firm on sanctions even as he was saying the opposite in public? No. Did the public want to know about it? No. What did this particular WikiLeak achieve? Nothing, except to put Mr. Tsvangirai at material risk of being charged with treason and hanged." Die dafür Verantwortlichen haben kein Recht, sich als Hüter der Medienmoral aufzuspielen.
Ein Beispiel für journalistische Doppelmoral im deutschsprachigen Raum ist die Medienkampagne gegen den zeitweiligen österreichischen Politiker Karl-Heinz Grasser, der von Februar 2000 bis Januar 2007 Finanzminister des Nachbarlandes gewesen war. Grasser hatte seine politische Karriere in der "rechtspopulistischen" FPÖ begonnen, was an sich schon in linken Augen eine Todsünde wider den Heiligen Geist ist. Richtig unbeliebt machte er sich beim linken Medienkartell, als er, wenn auch zaghaft, etwas Sympathie für liberale Ideen erkennen ließ. Seine "Finanzpolitik wurde vom politischen Gegner oft als monetaristisch und als neoliberal bezeichnet. Auffallend war auch die von ihm selbst forcierte Verschlagwortung seiner Finanzpolitik ('Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget', 'mehr privat, weniger Staat'). Das berühmteste der von ihm kreierten Schlagworte ist das so genannte 'Nulldefizit' (der ausgeglichene Staatshaushalt), das er als höchstes Ziel seiner Finanzpolitik definierte." (Quelle: Wikipedia, s.o.)
Im Jahre 2002 gelang ihm sogar ein ausgeglichener Haushalt, womit er sich positiv von den deutschen Finanzpolitikern unterscheidet, die seit den 1950er Jahren keinen Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung zustande gebracht haben. Der gutaussehende Grasser, der einigermaßen gut reden kann, nahm in Österreich auf der Beliebtheitsskala einen ähnlich hohen Rang ein wie in Deutschland Karl-Theodor zu Guttenberg vor seinem Sturz.
Ein beliebter Politiker, der nicht vollständig auf linkem Kurs ist, kann vom Medienkartell nicht geduldet werden. Grasser erfreut sich seit Beginn seiner Amtszeit als Finanzminister einer Berichterstattung, bei der nur die Schuldvermutung gilt. Ein Höhepunkt der gegen ihn geführten Kampagne war die Veröffentlichung der Inhalte privater Telefongespräche, die von Grasser geführt und von Ermittlungsbehörden abgehört worden waren. Diese Abhörprotokolle wurden im österreichischen Bundesparlament von den dort vertretenen Grünen zum Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage gemacht. Das wiederum macht es legal, die geheimen Abhörprotokolle in beliebigen Medien zu veröffentlichen.
Auf diese Weise erfuhr Grasser, gegen den bis dahin keine Anklage erhoben worden war und der deshalb keine Einsicht in die Ermittlungsakten hatte, dass ca. 5.000 seine Telefongespräche abgehört worden waren. Es ist bis heute nicht bekannt, wer im Justizapparat die Abhörprotokolle an interessierte Grasserjäger verraten hat. Damit ist auch ungeklärt, ob der Verräter von Dienstgeheimnissen ein Gesinnungstäter ist oder ob Bestechungsgeld geflossen ist. Die am Deal beteiligten Medienleute haben unkritisiert von ihren gegenüber Murdoch so moralischen Kollegen stolz ihre Beute präsentiert, so z. B. in einer kabarettistischen "Vorlesung" vor 2.000 johlenden Zuhörern im Audimax der Universität Wien.
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